Die Crew

Stand: 12.05.2020
Autor: Alexander

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Stichspiele haben mich bisher nur wenig begeistert, ganz egal welchen Twist die verschiedenen Exemplare aufweisen konnten. Nur ein paar seltene Male konnte ich Freude daran finden, die Karten runterzukloppen. Weltraum und SciFi sind nun auch nicht gerade meine favorisierten Themen. Beste Ausgangslage also, sich mit der 2019er Neuheit Die Crew von Autor Thomas Sing, erschienen im Kosmos Verlag auseinander zu setzen … Oder gibt es hier für mich doch eine Überraschung?

In Die Crew treten 3 bis 5 Spieler eine Weltraummission an, bei der es darum geht, gemeinsam wichtige Aufträge zu erfüllen, um gut für die anstehenden Aufgaben im Weltraum gewappnet zu sein. Kooperativ wird hier auf das Gewinnen ganz spezieller Stiche hingespielt, wobei die Kommunikation im Team stark eingeschränkt ist. Nur mit Hilfe eines Markers und einer Karte von der Hand darf (im Regelfall) ein Hinweis über die Kartenhand des Spielers gegeben werden. Legt man eine Spielkarte vor sich aus, kann man den Marker am obere Ende der Karte platzieren, um anzuzeigen, dass dies die höchste Zahl der Farbe ist, die man auf der Hand hat. Legt man den Marker ans untere Ende ist es die kleinste Zahl. In der Mitte platziert gibt der Marker an, dass dies die einzige Karte dieser Farbe auf der Hand ist. Während einer Runde, oder – im Spielvokabular – einer Mission, darf auf diese Weise jeder Spieler einmal über eine Kartenfarbe mit den Mitspielern kommunizieren. Weitere Absprachen darüber hinaus sind nicht gestattet.
Diese sehr beschränkte Kommunikation kann allerdings essentiell sein, denn mit der Vorbereitung einer Mission werden mit Hilfe kleinerer Karten und Markern Aufgaben gestellt, die im Team verteilt werden. Dabei gilt es dann zum Beispiel darum, zuerst einen Stich mit einer roten 7 im Stich und im Anschluss daran einen weiteren Stich mit einer grünen 8 darin zu gewinnen. Außerdem muss noch ein Stich mit einer blauen 5 darin gewonnen werden. Wichtig: nicht die farbige Zahl selbst muss den Gewinn des Stichs auslösen, sie muss lediglich in diesem Stich vorhanden sein. Aus diesen Aufgaben wählen, beginnend vom Kommandanten der Runde (dem Startspieler), die Teammitglieder reihum jeweils einen Auftrag aus. Somit liegt beim Kommandanten nun zum Beispiel die Aufgabe, den Stich mit einer blauen 5 darin zu gewinnen, beim Sitznachbarn der Auftrag mit der roten 7, der vor dem Auftrag mit der grünen 8 erfüllt sein muss. Dieser liegt beim dritten Spieler.

Ab jetzt ist es ein ganz klassisches Stichspiel. Die zuerst ausgelegte Farbe muss bedient werden, sofern möglich. Die höchste Zahl dieser Farbe im Stich gewinnt diesen. Joker – hier in Form von vier Raketenkarten im Wert von 1 bis 4 – übertrumpfen die zu bedienende Farbe und gewinnen auf jeden Fall den Stich. Wobei eine höhere Rakete natürlich wiederum kleinere Raketen übertrumpft, sollten sie im gleichen Stich ausgespielt werden.
Nun gilt es also, mit der altbekannten Mechanik und der zusätzlichen Kommunikationsmöglichkeit die Aufgaben dieser Mission (in gegebenenfalls vorgeschriebener, richtiger Reihenfolge) zu erfüllen und somit die Mission erfolgreich zu beenden. Sie ist direkt in dem Moment beendet, sobald die letzte Aufgabe durch das Team erfüllt wurde.

Über 50 Missionen hinweg wird in Die Crew ein Weltraumabenteuer beschrieben und werden sukzessive mit fortschreitender Missionszahl neue Elemente und schwierigere Aufgabenarten eingeführt. Es kommen mehr Aufgaben ins Spiel oder die Aufgaben an sich werden etwas kniffeliger. Auch wird in einigen Missionen die Kommunikation noch einmal weiter eingeschränkt: Es darf zum Beispiel einfach nur noch eine Karte ausgelegt werden, wobei der Marker nicht genutzt werden darf. Das Spiel kann selbstverständlich nach jeder Mission einfach unterbrochen oder einzelne Missionen übersprungen werden.
Das Ganze ist in eine Story eingebunden, um so auch die neuen kleinen spielerischen Feinheiten mit einem Handlungsstrang zu begründen. In unseren Runden hat sich diese schnell als lästig und so banal herausgestellt, dass wir sie gar nicht mehr weiter gelesen haben und nur noch die Aufträge und spielmechanischen Änderungen der jeweiligen Mission durchgesprochen haben. Und das lag wohl nicht an meinem persönlichen fehlenden Interesse an Weltraumgeschichten – das kam durch die Bank weg bei Keinem sonderlich gut an.

Auf der Spieleschachtel wird das Spiel bei der üblichen Spieleranzahl-Angabe für 3 bis 5 Spieler ausgewiesen. Auf der Rückseite ist jedoch vermerkt, dass es auch noch eine 2-Spieler-Variante gibt. Eine sehr unübliche Weise, dies anzugeben und wie ich finde auch seltsam, denn so fällt das Spiel für zwei Spieler einfach deutlich schneller aus dem Raster. Und das ist sehr schade, denn die 2-Spieler-Variante ist wirklich gut umgesetzt.
Es wird eine „künstliche Intelligenz“ namens JARVIS ins Team berufen, die zwei Reihen mit jeweils sieben Karten erhält, wobei die Karten etwas überlappend ausgelegt werden und die untere noch verdeckt bleibt. Der Kommandant übernimmt dann zusätzlich auch das Ausspielen dieser Karten. Beratschlagen darf man sich hierbei nicht. Erst, wenn eine Karte der oberen Reihe ausgespielt wurde, wird die verdeckte, darunter liegende Karte aufgedeckt. Auch erhält JARVIS, genauso wie die zwei Spieler, Aufträge der Mission. Das Zuteilen dieser übernimmt auch der Kommandeur und setzt somit schon wichtige strategische Entscheidungen vor dem Beginn der eigentlichen Mission.
Durch den Kniff der zwei Kartenreihen kommt noch mal ein ganz anderes, strategisches Element zu tragen, was das Spiel zu zweit in keinem Fall schlechter dastehen lässt als in größerer Runde. Es kann allerdings vorkommen, dass manche Aufgaben schlichtweg nicht lösbar sind. Nämlich genau dann, wenn zuerst der Stich, der eine grünen 3 beinhaltet, gewonnen werden muss, diese aber noch verdeckt unter der roten 7 von JARVIS liegt und diese rote 7 erst im Anschluss daran mit einem Stich gewonnen werden darf.


Autor Thomas Sing hat es geschafft, das altbekannte und fast schon zu Tode neuinterpretierte Stichspiel mit einem sehr elegant und einfachen Trick wieder attraktiv zu machen. Der Twist, nun gemeinsam gegen die Aufgaben der Mission zu spielen, bringt – zusammen mit den beschränkten Formen der Kommunikation – eine gehörige Portion Strategie in Spiel. Alle Spieler müssen zu jeder Zeit hellwach und fokussiert sein, um die teilweise kniffeligen Aufgaben gemeinsam erfüllen zu können. Es gilt durch geschicktes Ablegen der Karten heraus zu finden, welche Farbe noch durch die anderen Teammitglieder bedient werden kann bzw. muss, um so gegebenenfalls doch noch eine Karte seiner Hand mit in den Stich hinein zu bekommen. Der Frust kann daher schon einmal steigen, wenn ein Mitspieler auf einmal nicht mehr das tut, was man selber erwartet hat. Schnell muss umgeplant und umgedacht werden, denn sonst könnte schon der nächste Stich das Aus für die Mission bedeuten.
Das Spiel eignet sich meiner Meinung nach fantastisch als Starter für eine gesellige Spielerunde. Je nach Uhrzeit und Aufnahmefähigkeit der Spieler kann es für einen Absacker schon zu viel fordern. Die Varianz in den Missionen ist allerdings nur sehr minimal. Anfangs werden zum Beispiel nur wenige Aufträge ins Spiel gebracht und erst die zehnte Mission bringt einen vierten Auftrag ins Spiel. Für eine familiäre Runde sicherlich ein guter Einstieg, um die Mechaniken des Spiels kennen zu lernen und sich sehr langsam dem steigenden Schwierigkeitsgrad zu widmen. Ist das Prinzip allerdings einmal bekannt, wirken die verhältnismäßig kleinen Änderungen von Mission zu Mission eher ernüchternd. Hier würde es sich anbieten, eine deutlich kürzere Zusammenstellung anzubieten und auf die gefühlt niemals enden wollendende Rahmengeschichte zu verzichten. Irgendwann ist man es überdrüssig und will einfach nur die nächste Mission spielen – oder vllt sogar die überüberübernächste, damit sich endlich mal etwas mehr verändert. 50 Runden sind da einfach zu viel das Guten, denn abendfüllend wird das Spiel dadurch gewiss nicht. Es ist und bliebt dann auch doch wieder „nur ein Stichspiel“, aber diesmal immerhin ein sehr interessantes.

Autor: Thomas Sing
Verlag: Kosmos
Erschienen: 2019
Spieldauer: 20 Minuten (variiert stark, je nach Belieben)
Spieler: 2-5 Spieler, ab 10 Jahren