Stand: 21.10.2017
Autor: Alexander
Die nunmehr zweite Erweiterung zum Spiel Port Royal von Alexander Pfister geht, ähnlich wie schon Port Royal: Ein Auftrag geht noch…, einen völlig neuen Weg. Es bleibt bei den mit der ersten Erweiterung eingeführten zwei Spielmodi kompetitiv oder kooperativ; auch solo ist diese Erweiterung wieder spielbar. Doch trotz allem ändert sich das Spielgefühl wiedereinmal völlig. Grund dafür: Ein dicker Stapel an Geschichtenkarten, die das ganze Spiel in eine Rahmenstory einbetten und es, je nach Erfolg der Spieler, leichte Änderungen im Handlungsstrang geben kann.
Wie es sich für eine waschechte Piratenstory gehört, reisen wir nicht als einfache Spieler über die Weltmeere sondern jeder von uns erhält anfangs einen Charakter, den er für die Partie spielt. Diese Karte gibt jeweils vor, welcher Spieler wie viel Startkapital bekommt und zusätzlich bietet sie vier verschiedene Felder, die anfangs mit jeweils einem kleinem Holzklötzchen abgedeckt werden. Das erste Feld, die Tür, gibt dem Spieler eine Charktereigene Sonderfähigkeit, sobald es freigespielt wurde. Das ist in der Regel der Effekt einer normalen Personenkarte aus dem Spiel, die dann von dem Spieler ausgeübt werden kann, so als hätte er diese Karte in seiner Ablage liegen. Feld zwei weist immer einen Pokal auf, Feld drei und vier hingegen je eine gewisse Anzahl an Kronen. Der Pokal muss freigespielt werden, damit man im kompetitiven Spiel überhaupt gewinnen kann, denn er ist schlichtweg eine Siegbedingung für die Spieler. Die Kronen in den Fenstern stehen für eine neue Währung. Sie werden auf der Kronenkarte mit einem weiteren Holzklötzchen abgetragen. Alle Spieler beginnen bei null und können dann im Laufe des Spieles an verschiedenen Stellen Kronen sammeln oder diese auch manchmal wieder ausgeben, um Boni zu bekommen. Dabei ist das Fortschreiten auf dieser Kronenkarte durchaus lukrativ, denn es erwarten einen bis zu sechs zusätzliche Siegpunkte, die über die Kronen erspielt werden können.
Mit dieser geänderten Startbedingungen tauchen die Spieler nun in das Abenteuer ein. Dazu wird zuerst, je nach Spielmodus und Anzahl der Spieler, eine gewisse Anzahl an Ereigniskarten zusammengestellt. Alle Karten sind dabei nummeriert und die Anleitung erklärt sehr sauber, wie viele Karten der Nummer 0 benötig werden und dass je nachdem noch die Karten 1 und 2 zum Deck zugefügt werden. Somit besteht der Ereignisstapel zum Anfang der Partie zum Beispiel für vier kooperativ spielende Abenteurer aus insgesamt vier Karten, im kompetitiven Spiel aus fünf. Die restlichen Ereigniskarten werden bereit gelegt, denn der Ereignisstapel wird während des Spiels wachsen: nachdem er einmalig durchgespielt wurde trägt er zum einen dazu bei, dass die Geschichte weiter erzählt wird, zum anderen wird der Ablagestapel einfach wieder umgedreht und diesem Stapel dann eine weitere, zufällig gezogene Ereigniskarte zugefügt, sodass die Runden bis zu einem neuen Teil der Geschichte etwas länger werden. Denn von den Ereigniskarten wird jeweils vor dem Zug des Spielers die oberste aufgedeckt. Sie verrät eine Besonderheit, die in diesem Zug eintritt, wie zum beispiel Geld für bestimmt Personenkarten in der Ablage zu erhalten oder auch Kronen für Geld zu kaufen oder sie auch gegen Geld einzutauschen. Der Spielmechanismus, dass der Ablagestapel ohne zu mischen einfach wieder umgedreht und um eine Karte ergänzt wird, lässt dann also auch die Möglichkeit, sich auf die kommenden Effekte einzustellen und sich gegebenenfalls im Vorfeld auf diese vorzubereiten, denn sie bleiben ja in gleicher Reihenfolge bestehen.
Die letzte Karte ist immer das Monatsende; wie bereits beschrieben ist sie für den Fortgang der Story verantwortlich. Hier kommt der große Stapel an Geschichtskarten zum Einsatz. Dieser wird ungemischt bereit gelegt. Mit dem Beginn des Abenteuers öffnet man das Buch, indem die erste Karte aufgedeckt und vorgelesen wird. Ein kurzer Flavortext führt die Spieler in das Spielgeschehen ein und gibt danach weitere Anweisungen. Es werden mit jedem der insgesamt fünf Kapitel weitere Karten in den Nachziehstapel der Spielkarten eingemischt, die den Fortgang der Geschichte unterstützen. Dazu gibt die Geschichtenkarte klar vor, welche Karten mit welchen Zahlen eingemischt werden müssen (wobei gleiche Karten auch die gleiche Nummer tragen). Zudem gibt die Karte auch noch einmal einen Hinweis auf die Siegbedingungen. Im kooperativen Spiel bestehen sie darin, als Gruppe eine – je nach Spielerzahl – gewisse Menge an Siegpunkten erreicht sowie eine vorgegebene Menge an Holzmarkern auf Aufgaben platziert zu haben, wobei jede der Aufgaben mindestens von einem Spieler erfüllt sein muss. Im kompetitiven Spiel gewinnt man mit insgesamt zwölf Siegpunkten und dem freigespielten Pokal auf der Charakterkarte. Wie werden diese Felder denn freigespielt?
Nachdem die Anweisungen der Ereigniskarte ausgeführt wurden, wird diese umgedreht und eine Aufgabe wird ersichtlich. Diese gleichen von der Art her den Aufträgen der ersten Erweiterung zum Spiel, wollen also zum Beispiel eine gewisse Person in der Auslage der Spieler sehen, bestimmt Schiffe entdeckt und bekämpft haben oder fordern eine Abgabe von Geld. Sollte ein Spieler zu einem Zeitpunkt der Runde diese Aufgabe erfüllt haben, kann er seinen Marker ganz links auf der Charakterkarte nehmen und diesen auf der Aufgabe platzieren. dafür erhält er, wenn er dies als erster tut, eine kleine Belohnung in Form von Geld und zudem gegebenenfalls Kronen. Diese können auch spätere Spieler erhalten, wenn die Aufgabe diese denn als Belohnung zur Aussicht stellt.
Zusätzlich beinhaltet die Karte die Information, welche nächste Karte am Monatsende gezogen werden muss. Entweder ist eine einzelne Karte angegeben, die dann aus dem Geschichtenstapel gezogen wird, oder es gibt Alternativen. Diese beruhen entweder auf dem gewählten Spielmodus, sodass in einer kompetitiven Partie eine andere Karte gezogen werden muss als in einer kooperativen, oder sie beruhen auf dem aktuellen Erfolg der Spieler in dieser Partie. Dabei fordert die Karte dann, dass eine früherer Aufgabe bis dahin mindestens einmal erfüllt sein muss, um die eine neue Karte zu ziehen. Sollte die Aufgabe allerdings nicht erfüllt sein, muss eine andere Karte gezogen werden – und deren Aufgabe ist dann in der Regel etwas schwieriger (so sagt es zumindest die Spielregel). Das Ende eines Kapitels wird ebenfalls durch die Karten ausgelöst, denn es werden weitere Bedingung aufgestellt, die erfüllt sein müssen, bevor man die letzte Karte des Kapitel aufdecken darf. So kommt der Handlungsstrang zu einem Ende, doch die Geschichte bietet auch gleich einen neuen Cliffhanger, der die Lust auf das folgende Kapitel enorm steigert.
Mit der zweiten Erweiterung von Port Royal kommen – ganz nüchtern Betrachtet – im Grunde genommen gar nicht so viele neue Aspekte hinzu. Einzig die Charaktere sind eine Kartenart, die eine Funktion hat, die bisher noch nicht im Basisspiel und er ersten Erweiterung mit inbegriffen war. Die Geschichtenkarten hingegen ersetzen zum einen die Aufträge aus der ersten Erweiterung, zum anderen aber auch den Zeitstapel. Zusätzlich wurden die Siegpunktbedingungen etwas angepasst. Aber wer will dieses Spiel bitteschön schon nüchtern betrachten? Denn Abteuer sind doch so viel mehr als nur ein paar Karten…
Alexander Pfister hat hier ein mechanisch kleine, aber sehr effektive Neuerung in sein Spielsystem um Port Royal eingeführt. So gesehen ein Legacy light (light light), womit er natürlich voll im Trend liegt. Die Gesichte und die damit verbundenen Aufgaben fügen sich nahtlos in das Grundspiel ein. Nun ist es dank der Geschichtenkarten auch sehr elegant gelöst, dem kooperativen Spiel eine zeitliche Begrenzung zuzufügen. In der ersten Erweiterung funktionierte dies mit dem Zeitstapel auch bereits sehr gut, jetzt fühlt es sich aber nicht wie eine Mechanik an, die für das kooperative Spiel eben notwendig ist, sondern sie macht das Abenteuer eben aus. Von daher ist es wohl auch die bessere kooperative Spielvariante. Zudem sind die Karten redaktionell fehlerfrei und gut durchdacht aufgebaut, sodass es wirklich ein Kinderspiel ist, der Geschichte und den notwendigen erweiterten Spielaufbauten zu folgen. Good job, Pegasus Spiele! Es kommt wirklich das Gefühl auf, dass man nun weiterspielen will, um den Fortgang der Geschichte zu erleben. Einziger Wermutstropfen: Die Gesichte kennt man natürlich nach einmaligen durchspielen. Gut gelöst ist es daher, dass der Fortschritt der Geschichte nicht auf eigenen Entscheidungen basiert, sondern auf dem Spielerfolg der Spieler. So nimmt die Geschichte einen vielleicht etwas (!) anderen Weg ein, wenn man es noch einmal Spielt – grundlegend ändern wird sich allerdings nichts dadurch. Und das ist etwas schade. Ich könnte mit vorstellen, dass eine etwas verzweigtere Storyline den Wiederspielreiz deutlich erhöhen würde, denn Stand jetzt erleben im Grunde genommen alle Spieler die selbe Geschichte, egal wie gut sie gespielt haben. Vielleicht wäre es eine Option, gemäß der guten alten Rätselbücher, auch mal ein komplett neues und eigenes Kapitel aufzuschlagen, das man eben nur erreicht, wenn man entsprechend gut (oder eben nicht so erfolgreich) gegen das Piratenpack kämpft oder einen ein Sturm vielleicht zu einer ganz anderen Insel treibt, als eigentliche geplant?
Eine gute Idee ist es allerdings, eine variable Variante für das kompetitive Spiel in die Regeln mit aufzunehmen. Sie ermöglicht es, bestimmte Geschichtenkarten zufällig zusammenzustellen, um die Aufgaben darauf dann erfüllen zu müssen. Die Story bricht zwar weg, aber das Material kann darüber hinaus eben weiterverwendet werden.
Es bleibt auf jeden Fall spannend, wie sich das Universum um Port Royal weiter entwickelt. Mit dieser Storyerweiterung ist der Grundstein für mehrere „Staffeln“ gelegt, ähnlich wie bei Alexander Pfisters Spiel Oh my Goods, dass ebenfalls schon eine Storyerweiterung spendiert bekommen hat und diese nun ergänzt wird. So viel sei verraten: Auch Port Royal: Das Abenteuer beginnt… lässt genug Raum, um die Geschichte weiterzuführen. Abenteuer voraus!
Autor: Alexander Pfister
Verlag: Pegasus Spiele
Erschienen: 2017
Spieldauer: 20-50 Minuten
Spieler: 1-4 Spieler, ab 8 Jahren