Stand: 17.10.2017
Autor: Alexander
Alexander Pfister ist in den vergangenen Jahren häufig positiv aufgefallen und mit Ehrungen für seine Spiele überhäuft worden. Zum Beispiel war er zwei mal in Folge Co-Autor bei den Kennerspielen des Jahres 2015 und 2016 oder aber Gewinner des deutschen Spielepreises 2016. Mit dem Kartenspiel Port Royal hingegen wurde er Gewinner des österreichischen Autorenwettbewerbs 2013 (damals noch unter dem Namen Händler der Karibik). Mit insgesamt 120 Karten entwickelte er ein Spiel, das einen Brettspielcharakter besitzt, aber die Leichtigkeit eines Kartenspiels transportiert.
Die Karten werden gemischt und jeder Spieler bekommt drei ausgeteilt. Diese Karten bleiben verdeckt liegen, denn der Rücken trägt eine Münze, wodurch diese Karten das zur Verfügung stehendes Geld darstellen. Der Spieler am Zug fängt nun an vom Nachziehstapel nacheinander Karten aufzudecken und diese in die Tischmitte zu legen. Dabei kann er auf vier verschiedene Kartentypen mit verschiedenen Effekten treffen. Zuerst, und für den weiteren Zugverlauf entscheidend, wären da die Piratenschiffe. Von ihnen gibt es fünf verschiedene Farben, Gelb, Grün, Blau, Rot und Schwarz. Ziel ist es, möglichst viele verschiedenfarbige Schiffe in die Auslage zu bekommen, denn je mehr Schiffe dort liegen, desto mehr Karten kann der aktive Spieler aus dieser entnehmen. Bei null bis drei Schiffen ist dies eine Karte, bei vier Schiffen zwei und schafft er es alle fünf Farben ausliegen zu haben, kann er sogar drei Karten aus der Auslage nehmen. Dabei gibt jedes Schiff zwischen ein und vier Geld, sollte es aus der Auslage genommen werden. Das Problem: man weiß ja nicht, was für Schiffe kommen und somit ist jede weitere Karte riskant. Denn sobald auch nur ein Schiff einer Farbe aufgedeckt wird, die bereits in der Auslage liegt, endet der Zug sofort und alle Karten der Auslage gehen verloren. Der Spieler muss ich also entscheiden: riskiere ich eine weitere Karte oder beendet ich meine Entdeckungsphase um Karten aus der Auslage zu nehmen.
Doch ganz so aussichtslos und glückslastig ist das Spiel nun doch nicht, denn jedes Schiff hat einen bestimmten Kampfwert von eins bis sieben. Lediglich ein paar der schwarzen und roten Schiffe sind unbekämpfbar. Um die Schiffe bekämpfen zu können, können die Spieler Matrosen und Priaten anheuern. Diese gehören zur zweiten Kartenart im Nachziehstapel, den Personenkarten. Sie können für einen bestimmten Geldwert aus der Auslage gekauft (wenn entsprechend viele Schiffe ausliegen) und der eigenen Ablage zugefügt werden. Sie geben zum einen Siegpunkte, zum anderen haben sie Permanenteffekte, die für das weitere Spiel zur Verfügung stehen. So können dann die Matrosen mit einer Kampfkraft von eins, die Piraten mit einer Kampfkraft von zwei gegen neu aufgedeckte Schiffe kämpfen. Ist die gesamte Kampfkraft des Spielers höher als die des Schiffes, kann er es abwehren und sofort auf den Ablagestapel legen. Bereits in der Auslage liegende Schiffe können nachträglich jedoch nicht mehr bekämpft werden. Daher kann es taktisch sinnvoll sein, Schiffe mit einem niedrigen Kampfwert, die man besiegen kann, sofort zu entfernen, auch wenn ihre Farbe noch nicht in der Auslage liegt. Nach dem erfolgreichen Kampf kann der Spieler wie gewohnt weiter vom Nachziehstapel Karten aufdecken oder seine Entdeckung beenden.
Piraten und Matrosen sind jedoch nur zwei Personenkarten von insgesamt elf verschiedenen mit jeweils unterschiedlich Effekten. So befinden sich zum Beispiel auch Händler im Deck. Diese sind einer bestimmten Schiffsfarbe zugeordnet und erlauben es dem Spieler, immer eine Münze mehr zu erhalten, wenn Sie mit einem Schiff in der Auslage handeln, es also nach der Entdeckungsphase in der zweiten Phase Handeln und Heuern aus der Auslage nehmen. Fräuleins hingegen reduzieren, wenn sie sich in der eigenen Ablage befinden, den Preis von Personenkarten um eins. Die Admirale wollen fünf oder mehr Karten in der Auslage liegen haben und geben dem Spieler dann dafür zwei Münzen. Die Gouverneure ermöglichen es, eine Karte zusätzlich zum Limit durch die aufgedeckten Schiffe aus der Auslage nehmen zu können.
Siedler, Kapitäne und Priester haben keinen direkten Effekt, besitzen jeweils aber ein Symbol (Haus, Anker oder Kreuz). Diese werden benötigt, um Expedititonsaufrufe – eine dritte Kartenart im Deck – zu erfüllen. Wird eine solcher Aufruf gezogen, wird er einfach zur Seite gelegt. Auf ihm sind die drei Symbole in verschiedenen Zusammensetzungen zu sehen. Kann ein Spieler, wenn er am Zug ist, einen dieser Expeditionsaufrufe erfüllen, gibt er die notwendigen Siedler, Priester und/oder Kapitäne ab und nimmt sich dafür den entsprechenden Aufruf in seine Ablage. Dieser gibt mehr Punkte als die abgegebenen Personenkarten und zusätzlich noch etwas Geld. Außerdem kann auch der Tausendsassa abgegeben werden, eine Personenkarte, die als Joker für die drei Symbole fungiert.
Die letzte der elf Personenkarten ist der Witzbold. Dieser gibt dem Spieler, der ihn in seiner Ablage liegen hat, immer eine Münze, wenn die Auslage in der Tischmitte leer ist, wenn er in der Phase Handeln und Heuern am Zug ist. Das passiert immer dann, wenn man aktiver Spieler ist, beim Entdecken zu risikofreudig war und zwei Schiffe gleicher Farbe aufgedeckt hat, die nicht bekämpft werden können beziehungsweise wurden. Dann wird die Auslage komplett leergeräumt und man erhält mit dem Witzbold trotzdem eine Münze Trostgeld. Allerdings können zu diesem Zeitpunkt auch die anderen Spieler von einem Witzbold in ihrer Auslage profitieren. Denn nachdem der aktive Spieler in der Phase Handeln und Heuern dran war (und gemäß der ausliegenden Schiffe und gegebenenfalls seiner Gouverneure Karten aus der Auslage genommen hat) kommen in Spielreihenfolge auch die anderen Spieler an die Reihe und können jeweils eine Karte aus der verbliebenen Auslage nehmen. Allersdngs müssen sie dafür, egal ob es ein Schiff oder eine Personenkarten ist, eine Münze an den aktiven Spieler geben. Zusätzlich kommen dazu die ganz normalen Kartenkosten für Personen, sollte eine solche genommen werden, die der Spieler sofort entrichten muss. So kann es also sein, dass auch die passiven Spieler durch den Witzbold an Geld kommen: entweder ebenfalls dadurch, dass der aktive Spieler beim Entdecken gescheitert ist, oder aber weil die Auslage leergekauft wurde, bevor man am Zug ist. In beiden Fällen bekommt dann auch der entsprechende passiver Spieler mit Witzbold die Trostmünze. Oder aber auch zwei oder drei, wenn er entsprechend viele Witzbold gekauft hat. Denn – und das gilt für alle Personenkarten – die Effekte addieren sich auf, wenn die Karte mehrfach vorhanden ist.
Die vierte Kartenart sind die Steuern. Wird eine solche Karte gezogen, müssen alle Spieler überprüfen, ob sie zwölf oder mehr Geld besitzen. Ist dies der Fall, verlieren sie die (aufgerundete) Hälfte davon. Anschließend gibt es noch eine Ausschüttung, je nach dem welche Steuerkarte gezogen wurde. Entweder erhält der Spieler mit der höchsten Kampfkraft eine Münze oder aber der Spieler mit den wenigsten Siegpunkten. Bei einem Gleichstand erhalten alle daran beteiligten Spieler die Münze.
Das Spiel wird so lange gespielt, bis ein Spieler insgesamt zwölf oder mehr Siegpunkte erreicht hat. Dabei zählen die erfüllten Expeditionsaufrufe und die gekauften Personenkarten jeweils mit ihrem aufgedruckten Siegpunktwert. Dieser ist bei den Personenkarten umso höher, je mehr die Karte gekostet hat. Danach wird die laufende Runde noch zu Ende gespielt, sodass jeder Spieler gleich oft an der Reihe war. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewinnt die Partie, bei einem Gleichstand entscheidet das übrige Geld der Spieler über den Sieg.
Das Push-Your-Luck-Element des Spiels passt hervorragend in die Piraten- und Händlerthematik des Spiels. Wage ich mich noch weiter aufs offene Meer hinaus und entdecke umso mehr oder aber setze ich mich nicht den drohenden Gefahren aus und bin mit meinen bisherigen Entdeckungen zufrieden? Auch wenn einige Züge durch diese Mechanik sehr schnell vorbei sein können, stört mich dieser Glücksfaktor gar nicht (und wer mich kennt weiß, dass ich ausgeprägten Glücksfaktoren immer etwas kritisch gegenüber stehe). Ich kann ja zu jeder Zeit selbst bestimmen, ob es weitergehen soll oder nicht. Zudem kann ich mir eine kampfstarke Mannschaft anheuern, sodass ich auch gegen die Schiffe gewappnet bin.
Die vielen verschiedenen Personenfunktionen ermöglichen es zudem, ganz unterschiedliche Strategien aufzubauen. Auch sollten in der eigenen Taktik immer die Gegner mit bedacht werden, denn jede Karte, die in die Auslage gelegt wird, kann auch ein Mehrgewinn für die Mitspieler sein, wenn ich sie letztendlich nicht selber nehme. Dadurch, dass jeder Spieler beim Handeln und Heuern zum Zug kommen kann, entsteht auch kaum Downtime, da man auch als nicht aktiver Spieler gespannt die Entdeckungen der anderen beobachtet.
Pegasus Spiele hat sich mit Port Royal eine Geheimwaffe in Haus geholt. Die kleine Schachtel ist beliebter Reise- und Ausflugsbeleiter, man braucht nichts außer eine Ablage für Karten und hat trotz allem ein richtig taktisches Spiel, das auch nicht allzuschnell weggespielt ist. Nicht umsonst hat Alexander Pfister die Auszeichnung der Wiener Spiele Akademie erhalten. Und zum Glück hat auch der Verlag das Potential erkannt und mit Port Royal: Ein Auftrag geht noch… und Port Royal: Das Abenteuer beginnt… mittlerweile zwei Erweiterungen auf den Markt gebracht, die unerwartete neue Ansätze mitbringen und das Basisspiel noch einmal in ganz anderem Licht erscheinen lassen. Auch hier hat Alexander Pfister wahrlich nicht enttäuscht.
Autor: Alexander Pfister
Verlag: Pegasus Spiele
Erschienen: 2014
Spieldauer: 20-50 Minuten
Spieler: 2-5 Spieler, ab 8 Jahren