Stand: 15.09.2017
Autor: Alexander
Memory-Spiele richten sich oft an Kinder. Nicht nur soll dadurch ihr Kurzeitgedächtnis trainiert werden, nein, auch gewinnen sie meist dabei, weil im Grunde genommen die Erwachsenen das Training viel nötiger haben als die Kids. So ähnlich kann sich das auch bei Undercover gestalten, nur hat der erinnerungsschwache Erwachsene hier noch die Möglichkeit, über Deduktion ans Ziel und so dem Generationsvorteil entgegen zu kommen. Denn wir übernehmen die Rolle von Geheimdiensten, die Treffen ihrer Agenten mit anderen Agenten arrangieren, um so Informationen zu sammeln. Oder aber: wir spielen Memory mit Farben und zwei Seiten.
Insgesamt befinden sich im zwölf Agenten im Spiel, wobei je zwei zu einem Geheimdienst angehören, erkenntlich gemacht durch die selbe Farbe. Diese dürfen jeweils nur neben andere Agenten oder deren farblich passende Büros (diese dienen als Startaufstellung) gelegt werden, wenn sie entweder der selben Farbe und damit der Geheimorganisation wie der Agent selbst entsprechen, oder aber dem Geheimdienst mit der Farbe, die im Farbkreislauf benachbart zur Farbe des Agenten ist. Sprich, ein rotes Agentenplättchen kann nur neben ein Plättchen gelegt werden, das entweder ebenfalls rot, oder aber lila- oder orangefarben ist. Die möglichen Farben sind aber auch jeweils auf den Plättchen abgedruckt, sodass dies sofort ersichtlich ist. Der Spieler am Zug nimmt sich also einen Agenten vom Nachziehstapel, sofern dort noch Agenten warten, oder einen bereits platzierten Agenten, und legt diesen (neu) nach den oben genannten Regeln an. Dafür erhält er Punkte. Anschließend legt er seine Instruktionsmappe auf dieses Plättchen. Damit ist es bis zum Ende seines nächsten Spielzuges geblockt und darf nicht erneut versetzt werden.
Das gelegte und jedes angrenzende Plättchen geben jeweils einen Punkt in ihrer Farbe. Diese werden auf einem kleinen Spielbrett abgetragen. Jeder Spieler besitzt sechs Spielfiguren, die er zuerst auf einer kleinen Übersichtstafel, derer er auch den Farbkreislauf entnehmen kann, liegen hat, um sie dann beim Punkten auf das Spielbrett zu versetzen. Dabei geht er in jeder Farbe so viele Schritte, wie er Punkte gemacht hat. Landet er auf einem bereits besetzten Feld, rückt er automatisch vor bis zum nächsten freien Feld. Auf den letzten fünf Feldern einer jeden Farbleiste werden zu Beginn des Spiels Punkteplättchen zwischen vier und acht Punkten zufällig verteilt, die es nun zu erreichen gilt. Ist man einmal auf einem Punktefeld einer Farbe gelandet, kommt das Plättchen auf das eigene Übersichtsplättchen und von nun an können keine weiteren Punkte mehr in der Farbe gemacht werden. Hier muss man also zum richtigen Zeitpunkt die richtige Farbe werten, damit man Nutznießer der anderen wird und nicht auf einem Vier-Punkte-Feld landet.
Doch der eigentliche Kniff liegt bisher noch versteckt. Denn jeder der Agenten führt ein Doppelleben. Sie sind nicht nur Agenten einer Geheimorganisation, sondern auch Agent für einen anderen Dienst. Dieser ist ebenfalls einer der Dienste, der im Farbkreislauf benachbart zur eigentlichen Farbe des Agenten ist. Sprich auch hier wieder: Ein roter Agent kann auch ein Doppelagent für Lila oder für Orange sein. Die auf dem Plättchen angegeben Farben zum möglichen Anlegen entsprechen also auch denen der möglichen anderen Geheimdiensten. Anstelle einen Agenten mit der Seite anzulegen, mit der er gerade ersichtlich auf dem Tisch liegt, kann der Spieler auch das Plättchen drehen, um die Seite des Doppelagenten zu nutzen. Für eine gedrehte Karte (egal, ob von Vorder- auf Rückseite oder anders herum) erhält der Spieler zwei statt nur einen Punkt.
Zusätzlicher wird das Punkten in einer Farbe für jeden Spieler erschwert. Die bis zu vier Spieler können sich eine der sechs Farben der Geheimdienste als Spielerfarbe aussuchen. Gleichzeitig wird dadurch auch die Farbe bestimmt, die Sie auf keinen Fall aufnehmen dürfen, wenn sich gerade offensichtlich ausliegt. Dabei handelt es sich jeweils um die Komplementärfarbe des Geheimdienstes, für Rot also Grün. Egal wo und egal auf welcher Seite: wenn Grün sichtbar ist, darf dieses Plättchen nicht von Rot aufgenommen werden. Die Punkte, die der Spieler aber in der verbotenen Farbe sammelt, werden am Spielende verdoppelt. Punkte bekommt er in dieser Farbe also entweder durch das Drehen eines anderen Plättchens auf die Rückseite, die zu der verbotenen Farbe gehört, durch das Anlegen eines Agenten an einen Anderen der verbotenen Farbe oder aber durch das Nutzen des einen Jokers, den jeder Spieler hat. Dieser kann einmalig an jede beliebige Farbe angelegt werden und bringt einfache Punkte in den angrenzen Farben.
Gespielt wird, bis der erste Spieler in allen sechs Farben ein Punkteplättchen erhalten hat. Danach wird noch die laufende Runde zu Ende gespielt, sodass alle gleich viele Züge hatten, die erspielten Punkte addiert und es gewinnt der Geheimdienst mit den meisten Punkten.
Frosted Games hat mit seinem ersten eigenständigen Spiel meiner Meinung nach einen guten Wurf gelandet. Den Memory-Mechanismus haben die Autoren Doris und Daniel Danzer durch die zweiseitigen Agentenplättchen und die Punktewertung so raffiniert erweitert, dass ein anspruchsvolles Familienspiel daraus entstanden ist. Es gilt wirklich aufmerksam dabei zu sein und sich einzuprägen, welches Plättchen welche Rückseite hat um sich dadurch möglicherweise auch Informationen über die Rückseiten erschließen zu können, die man bisher noch nicht hatte oder sie schon wieder vergessen hat. Dabei legt man sich oft einen nächsten Zug zurecht und der wird dann doch noch kurz vor knapp wieder zunichte gemacht – entweder, weil das angepeilte Plättchen schon genommen wurde, weil das Plättchen, an welches man eigentlich anlegen wollte, nun woanders liegt oder aber, weil die Mitspieler gepunktet haben und man auf einmal viel mehr oder weniger Schritte in einer bestimmten Farbe haben möchte. Auch ist es immer wichtig, die bisher erspielten Punkte der anderen im Blick zu behalten und gegebenenfalls auch mal kleinere Punkte in einer Farbe in Kauf zu nehmen, dafür aber unter Umständen das Spielende einzuläuten, weil man als erster in allen sechs Farben gepunktet hat. In Summe können da vier Punkte mehr oder weniger schon mal den Sieg ausmachen.
Schön ist auch, dass Frosted Games bei diesem stark farblastigen Spiel an Spieler mit einer Farbsehschwäche gedacht hat und jeder Geheimdienst zusätzlich auch mit einem eigenen Symbol ausgestattet ist. Doof allerdings ist es, dass selbst Personen ohne Sehprobleme sich oft genug zwischen Blau und Lila vertun, da das Blau – wenn es isoliert betrachtet wird – einfach zu doll nach Lila aussieht. Ein etwas hellerer Farbton wäre hier schön gewesen. Aufpassen muss man auch beim Abtragen der Punkte, denn wenn Gelb Punkte in Grün und Blau macht, kommt es schnell schon mal zu einem kleinen Knoten im Kopf. Aber den nimmt man gerne in Kauf, wenn man dieses farbenfrohe Spiel mit seinem tollen Comic-Stil vor sich liegen hat. Eine Augenweide pur!
Autoren: Doris und Daniel Danzer
Verlag: Frosted Games
Erschienen: 2016
Spieldauer: 20-40 Minuten
Spieler: 2-4 Spieler, ab 8 Jahren