Stand: 01.09.2017
Autor: Alexander
Logikspiele sind nicht für Jedermann. Oft abstrakt und rein funktional gestaltet lebt das Spiel vom reinen Taktieren und Knobeln, um den besten Lösungsweg zu finden. Im Grunde genommen ist Comissioner Victor – The lost Painitng Case nichts anderes, wären da nicht John Q. Public, Hans Meier, Wong Siu Ming, Juan de los Palotes, Jan Modaal und die vielen andren Verdächtigen. Wer hat das Gemälde im Museum gestohlen? Zwei bis vier Spieler begeben sich auf die Suche nach dem Täter.
Je nach Spielerzahl werden von den insgesamt 32 Verdächtigen drei bis fünf ungesehen aus dem Spiel genommen. Der Rest wird gemischt, ein Zugstapel gebildet, von diesem ein Plättchen in die Tischmitte gelegt und danach jeweils drei an die Spieler ausgegeben. Unter den Zugstapel kommen zusätzlich noch Commissioner Victor-Plättchen gemäß der Spieleranzahl und jeder nimmt sich die Lupe(n) in einer Farbe – zwei im Zwei-Spieler-Spiel, eine im Drei- und Vier-Spieler-Spiel. Jetzt steht der Jagd nach dem Täter nichts mehr im Weg.
Im Uhrzeigersinn suchen sich reihum die Spieler nacheinander einen Verdächtigen von ihrer Hand und legen ihn zu den bereits in der Tischmitte ausliegenden Verdächtigen. Dabei muss der Verdächtige in einer Zeile oder Reihe an bereits ausliegende angelegt werden, wobei ein Raster von fünf mal fünf nicht überschritten werden darf. Dabei gilt es nun, die Verdächtigen so auf dem Tisch zu arrangieren, dass gleiche Gesichtsmerkmale möglichst in einer Reihe oder Spalte vorkommen. Denn: ist der Nachziehstapel aufgebraucht und das Raster komplett ausgefüllt, bleibt jeder Spieler mit seinem Hauptverdächtigen auf der Hand zurück. Dieser hat – genauso wie jeder andere auch – eine einzigartige Zusammensetzung aus vier verschiedenen Frisuren, vier verschiedenen Augenpartien und vier verschiedenen Mündern samt Bartvariationen. Die Karte, die am Ende des Spiels auf der eigenen Hand übrig bleibt, gibt die zu wertenden Merkmale vor, wobei jedes Gesichtsmerkmal einzeln gewertet wird. Jede Zeile und jede Spalte des Rasters wird für jeden Spieler individuell mit seinem Hauptverdächtigen verglichen. Ist in einer Reihe zum Beispiel drei mal die Frisur des Verdächtigen zu finden, gibt es dafür einen Punkt, bei einem Vorkommen von vier gleichen Frisuren drei Punkte und hat man es geschafft, dass alle fünf in der Reihe liegenden Personen dieses Merkmal haben, gibt es sogar fünf Punkte. Wer auf diese Weise mit seinem eigenen Hauptverdächtigen in der gemeinsam aufgebauten Auslage die meisten Punkte generiert, hat das Spiel gewonnen und den Täter geschnappt.
Doch beim reinen Ablegen eines Verdächtigen von der Hand bleibt es nicht. Im Anschluss daran kann der Spieler noch einen bereits in der Auslage befindlichen Verdächtigen an eine andere Stelle im Raster bewegen. Dabei ist zu beachten, dass Personen nicht bewegt werden dürfen, wenn sie bereits an allen vier Seiten umbaut sind oder das Umlegen die Auslage in zwei separierte Gruppen teilen würde. Weiterhin kann ein Spieler nach dem Bewegen eine Lupe, den sogenannten Unschuldsmarker, auf eine dieser Personen legen. Dieser bewirkt ebenfalls, dass diese Person nicht umgesetzt werden darf und wird erst wieder vor dem eigenen Zug von der Auslage heruntergenommen. Zuletzt wird wieder auf drei Plättchen aufgezogen bevor der nächste Spieler an der Reihe ist. So erhält die Auslage nach jedem Zug eine leichte Änderung und die Gesichtsmerkmale können völlig neu arrangiert sein.
Der Autor und zugleich Illustrator Krzysztof Matusik hat diesem kleinen Logik-Legespiel eine ganz besondere Note einhauchen können. Das abstrakte Konzept (pro Karte drei Merkmalsebenen mit je vier verschiedenen Ausführungen) wurde stimmungsvoll auf die Gesichter übertragen und mit den Museumsdieben eine halbwegs gelungene Einbettung in eine Rahmenhandlung geschaffen. Doch was dem ganzen die Krone der Detailverliebtheit aufsetzt: Jeder Verdächtige sieht nicht nur anderes aus, sondern hat auch noch einen eigenen Namen – inklusive passender Unterschrift auf dem Plättchen! Damit hebt sich das Spiel endgültig von den vielen anderen Logikspielen ab und lässt das an sich sehr abstrakte Spielprinzip hinter dem Ganzen sehr schnell vergessen.
Das Spielprinzip selbst ist einfach erklärt, bietet einiges zum Knobeln und Interaktion unter den Mitspielern, auch wenn diese eher auf deduktiven Rückschlüssen beruhend greift. Doch auch die Möglichkeit, jederzeit im Spiel auch seine eigene Taktik über den Haufen zu werfen und alles auf einen anderen Verdächtigen auf der Hand zu setzen, gibt dem Spiel viele überraschende Momente. Der polnische Verlag Tailor Games hat mit dieser kleinen Schachtel großen Knobelspaß auf dem Markt gebracht, der grafisch besser nicht hätte ausgestaltet werden können.
Ebenfalls gelungen: ein in der Regel beschriebenes Minigame als Spielvariante für zwei Spieler. In Anlehnung an Mastermind geht es in Identity darum, über Hinweise des Mitspielers und das Ausschlussverfahren dessen Verdächtigen zu erraten. Es ist schön, wenn solche Variationen gleich in der Regel mitgeliefert werden und somit der Spielspaß erhöht wird.
Noch in diesem Jahr sind bereits zwei weitere Fälle des Commissioners zu lösen. Mit Commissioner Victor: Case of Missing Alfred und Commissioner Victor: Case of elusive smugglers kommen zwei eigenständige Spiele rund um die Ermittlungsarbeiten des Commissioners heraus, die ähnlich viel Logik- und Knobelspaß versprechen.
Autor: Krzysztof Matusik
Verlag: Tailor Games
Erschienen: 2016
Spieldauer: 20 Minuten
Spieler: 2-4 Spieler, ab 10 Jahren